Herford. „Ob 20 oder 200 Besucher – eine Toccata und Fuge von Max Reger bleibt eine Toccata und Fuge von Max Reger“ eröffnete Michael Block, Bezirksevangelist und gleichfalls Organisator der kirchenmusikalischen Veranstaltungen im Kirchenbezirk Herford, am Sonntag, 8. Mai 2016, das Orgelkonzert in der Neuapostolischen Kirche.
Wie groß ist des Allmächt'gen Güte - Mendelssohn und Brahms
Wie recht er damit hatte, zeigt sich bei einem Blick auf das Programm, welches der Kantor der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Jöllenbeck, Hauke Ehlers, den Gästen des Abends zu Gehör brachte. Obwohl kein einziges Werk Johann Sebastian Bachs erklang, suchte man ihn auf dem Programm jedoch nicht vergebens. Sowohl Felix-Mendelssohn-Bartholdy als auch Johannes Brahms hatten ihn zum Vorbild und so eröffnete Ehlers sein Konzert mit Choral und drei Variationen zu „Wie groß ist des Allmächt’gen Güte“. Nicht nur Mendelssohn verneigte sich mit dieser Choralpatita vor Bach, sondern auch Hauke Ehlers. So wie Mendelssohn der Satztechnik seiner Zeit verpflichtet war, trug Hauke Ehlers die ‚reinen Harmonien und vierstimmige Choralgeschicklichkeit‘, wie Robert Schumann Mendelssohn charakterisierte, gehaltvoll und ohne pathetische Überbordung klar vor. Das einleitende Präludium und Fuge c-moll, op. 37 entstammt einer der ersten Orgelkompositionen Mendelssohns, die seit ihrem großen Erfolg 1837 zum Kanon der Orgelliteratur gehören.
O Welt, ich muss dich lassen - Brahms und Bach
Die Weiterentwicklung der Harmonien in der Hochromantik bei Johannes Brahms ließ Ehlers klar für sich sprechen und präsentierte, vorbereitet durch Präludium und Fuge a-moll, deutlich, aber nicht aufdringlich, zwei Choralbearbeitungen zu „O Welt, ich muss dich lassen“ aus op. 122. Die sich nicht mehr vollständig auflösenden Harmonien, hervorgehoben durch feine Piani, die durch die dunkle Registratur ihren ausdrucksstarken Charakter erhielten, zeichnen die Welt nicht als einen Ort, der Himmelssehnsucht entstehen lässt, sondern als einen Ort, von dem notwendig Abschied genommen werden muss. Hauke Ehlers verstand es dennoch ausgezeichnet, hier musikalisch versöhnlich, gerade im Hinblick auf Brahms‘ distanzierte Einstellung zur Religion, Abschied von der Welt zu nehmen.
Rheinberger als Schlusspunkt
Er beendete den Abend mit der Sonate Nr. 1 c-moll, op. 27 von Joseph Gabriel Rheinberger. Der Bachverehrer Rheinberger war der Erste, der die Goldbergvariationen Bachs bearbeitete – und zwar sehr ungewöhnlich für zwei Flügel. Rheinberger selbst schrieb mehr als zwanzig Orgelsonaten und galt als hervorragender Organist. Hauke Ehlers trug Rheinbergers Orgelsonate mit Bravour vor und verlieh dem choralähnlichen Andante einen entrückenden Ausdruck.
100. Todestag Max Regers
„Alles, alles verdanke ich Bach“ lautet das Zeugnis, welches Max Reger Bach ausstellt. Max Reger stand mit Toccata und Fuge a-moll in der Mitte des Konzertes und erhielt so durch den vortragenden Organisten des abends eine besondere Würdigung. Reger selbst spielte seine hoch anspruchsvollen Orgelkonzerte bewundernswerter Weise ohne Hilfe bei der Registratur. Umso mehr ist daher die Leistung der dreizehnjährigen Tochter Hauke Ehlers‘ zu würdigen, die mehr als professionell und fehlerfrei ihrem Vater zu einem dargebotenen Ohrengenuss höchsten Grades verhalf.
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