Herford. Sich in einer Kirche zur Nationalhymne zu erheben mutete am Sonntag, 10 Juli 2016 gegen 19:30 Uhr niemandem ungewohnt an, der das Konzert der Königsberger Grillen aufmerksam verfolgt hatte. Der Kinder- und Jugendchor aus dem ehemaligen Königsberg, heute Kaliningrad, gastierte zum wiederholten Mal in der Neuapostolischen Kirche Herford, Hermannstr. 8, und stand an diesem sonnigen Nachmittag stellvertretend für eine Völkerverständigung, die so wohl einzig musikalisch möglich ist.
Facettenreich durch Ostpreußen
Sicher in Wort und Ton trugen die jungen Musiker das deutsche Volkslied „Mit dem Pfeil dem Bogen“, getextet von Friedrich Schiller, oder die ostpreußische Weise „Ännchen von Tharau“ vor. Die Heimatverbundenheit und die den Liedern innewohnende Sehnsucht nach Heimat spiegelt die lange Jahre währende Suche Ostpreußens nach Zugehörigkeit. Die jungen Musiker zeigten ihre Heimat jedoch auch modern und weltoffen. Sie tanzten zu ihren Vorträgen moderner amerikanischer Musik wie James Browns „I feel good“ oder setzen den Swingklassiker „Chatanooga“ von Mack Gordon besonders in Szene. Die jungen Russinnen und Russen zeigten dabei besondere Fähigkeiten, mit ihrem Publikum zu kommunizieren und wussten, für ihre Vorträge zu begeistern.
Ein Chor mit Tradition
Der Chor, der heute in der zweiten Generation besteht, gründete sich ursprünglich aus königsberger Waisenkindern. Diese Tatsache verdeutlicht noch einmal mehr, dass Heimat eines der innigsten menschlichen Bedürfnisse ist. Die Jugendlichen treten zu allermeist in Seniorenheimen auf und erfreuen mit ihren Weisen alte und gebrechliche Menschen. Ihr Besuch in Deutschland dauert drei Wochen und die Kirche in Herford ist die weiteste Anreise für die engagierten Sänger, die in acht Sprachen singen.
Herzliche Verabschiedung
Der lang anhaltende Applaus war Ausdruck großer Herzlichkeit gegenüber den Aufführenden. „Heimat, wohlgeboren zwischen Strand und Strom blühe heut und morgen unterm Friedensstrom“ heißt es in der Ostpreußenhymne, die das offizielle Programm der Königsberger Grillen abschloss. Die Zugabe und der Wunsch nach „Einigkeit und Recht und Freiheit“ (Lied der Deutschen) galt an dieser Stelle nicht nur dem deutschen Land, sondern im Sinne einer friedlichen Welt jedem, der in ihr als eine Heimat ohne Krieg und Terror leben möchte.
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