Ein Interview mit Apostel i. R. Walter Schorr über seine aktive Zeit als Seelsorger und wie er seinen Ruhestand und seinen Glauben in der Coronakrise lebt.
Lieber Apostel Schorr, wie lange waren Sie insgesamt als Seelsorger und davon als Apostel im Kirchenbezirk Detmold tätig?
Insgesamt arbeitete ich 46 Jahre als Seelsorger. Ostern 1992 wurde ich in Herford zum Apostel ordiniert und war somit 27 Jahre als Apostel tätig. Den Bezirk Detmold betreute ich als Apostel 9 Jahre.
Welche Kirchenbezirke betreuten Sie als Apostel noch?
Das waren der Bezirk Bielefeld, damals der größte Kirchenbezirk in Nordrhein-Westfalen, die Bezirke Dinslaken, Herford, Minden, Münster, Osnabrück und Recklinghausen.
Ferner betreute ich die Missionsgebiete Litauen, Lettland, Kaliningrad, Fernost Russland und unterstützte Apostel Nicoló Augello in Brasilien.
An Bad Pyrmont habe ich eine schöne Erinnerung. Ich musste dann immer recht früh losfahren. Fuhr ich dann morgens über Paderborn und Lügde durch die schönen Waldstücke, dachte ich, der liebe Gott grüßt dich mit Sonnenschein. Das war immer ein sehr schönes und erhabenes Gefühl.
Während Ihrer Tätigkeit als Seelsorger waren Sie somit viel unterwegs und haben viel erlebt. Welches Erlebnis war für Sie besonders prägend?
In 46 Jahren hat man natürlich vieles erlebt, was nicht mehr obenauf liegt. Ein Erlebnis, es mag etwas nüchtern klingen, war für mich aber ein Schlüsselerlebnis und hat mir gezeigt, dass man auch Langmut und Geduld haben muss:
Ich hatte in Litauen einen Dolmetscher, den ich 1992 kennenlernte. Der war sehr vertrauenswürdig und gewissenhaft. Er übersetzte sehr genau und ging sogar mit den Glaubensinhalten konform. Nun wurde er aber immer wieder, wenn er mit Amtsträgern unterwegs war, gefragt: „Warum wirst Du nicht neuapostolisch?“ Irgendwann sprach ich mal mit ihm und er erklärte mir, dass er mit seiner Frau zu Beginn der Ehe vereinbart hatte, alle Schritte gemeinsam mit ihr zu gehen. Ich bat dann darum, die Familie nicht mehr zu bedrängen.
Jahre später fand ein Gottesdienst, in dem das Sakrament der Heiligen Versiegelung gespendet und eine Ordination durchgeführt werden sollten, statt. Vor diesem Gottesdienst kam dieser Dolmetscher zu mir und fragte mich, ob wir bei der Heiligen Versiegelung den Dolmetscher auswechseln könnten. Ich war verwundert und fragte nach dem Grund. Er antwortete mir schließlich: „Ich habe mit meiner Frau gesprochen und ich möchte heute selbst versiegelt werden.“ Das war für mich ein eindrückliches Erlebnis.
Was war damals bzw. ist für Sie heute hilfreich in schwierigen Zeiten/Glaubenskrisen?
So richtig geschüttelte Glaubenskrisen hatte ich eigentlich nie. Wenn ich mir in einer Situation die Zähne ausbiss oder sehr nachdenklich wurde und ich mich fragte, ob das so richtig ist, dann habe ich von Jugend auf Seelsorger gehabt, auf die ich geschaut habe und die mir weitergeholfen haben. Sie haben nicht nur für mich gebetet, sondern mir auch so Manches sehr liebevoll erklärt.
Das Wort Ruhestand drückt die Begriffe "Ruhe" und "Stand" aus. Wann traten Sie in den Ruhestand?
Gemeinsam mit vier weiteren Aposteln wurde ich am 30. Juni 2019 in Oberhausen in den Ruhestand verabschiedet.
Wie war das damals für Sie und welche Gefühle hatten Sie dabei?
Seit 2017 war ich öfters gesundheitlich eingeschränkt. Ich musste manche Gottesdienste ausfallen lassen, weil ich im Krankenhaus lag. Dadurch war ich dann doch recht froh, als der 30. Juni 2019 kam. Ob ich andernfalls die Füße stillgehalten hätte - das weiß ich auch nicht.
Wie verbringen Sie heute Ihren Ruhestand?
Wir verreisen spontan und nutzen gerne kurzfristig Freizeitangebote. Die Stadt Münster und das Umland selbst bieten sehr viele schöne Möglichkeiten an, sodass man seinen Ruhestand sehr schön verbringen kann.
(es geht hier um die Zeit außerhalb der Corona-Pandemie)
Herausragendes Thema ist aktuell die Corona-Pandemie. Präsenzgottesdienste wurden zunächst abgesagt, schließlich wurden Videogottesdienste, allerdings ohne Abendmahl, angeboten. Jetzt sind Präsenzgottesdienste, gezeichnet von besonderen Hygienemaßnahmen, wieder möglich - Sie haben diese Vorgänge miterlebt. Was ging da in Ihnen vor?
Am Anfang bin ich nicht in den Gottesdienst gegangen, weil ich Risikopatient bin. Zunächst habe ich die Videogottesdienste auf YouTube genutzt - eine wunderbare Einrichtung. Zu Beginn waren es überwiegend Apostel, die die Gottesdienste durchgeführt haben. Dann konnte man Gottesdienste, welche Bezirksapostel Rainer Storck mittwochabends durchführte, am Telefon erleben.
Irgendwann ging dann meine Frau in die Präsensgottesdienste. Sie teilte mir mit, dass die Gottesdienste, im Rahmen der Hygienebestimmungen, sehr gut abgesichert sind, sodass auch ich keine Sorgen mehr haben müsse. Ich muss wirklich sagen, dass die Kirchenleitung diese Herausforderung sehr gut gemeistert hat.
Wie gehen Sie ganz persönlich mit der aktuellen Coronakrise um?
Wenn wir Kontakte pflegen, dann immer strickt unter Einhaltung der aktuellen Sicherheitsbestimmungen aufgrund der Corona-Pandemie.
Ein kleiner Gruß / Was wünschen Sie dem Kirchenbezirk Detmold für die Zukunft?
Ich möchte kurz von dem 26. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Theodore Roosevelt, der 1906 den Friedensnobelpreis erhalten hat, erzählen. Als dieser Präsident nun gewählt war, wartete man auf eine Weisung bzw. Botschaft vom Präsidenten, in welcher sich jeder wiederfindet, wenn er etwas vor hat und zum Gemeinschaftswerk beitragen möchte. Der Präsident erbat sich Bedenkzeit. Später prägte er dann die Aussage: „Tu was du kannst, mit dem was du hast, wo immer Du bist.“
Ich denke, wenn so die Gläubigen ihre Gemeinschaft verstehen, dass sich jeder einbringt, mithelfen und mitwirken möchte, an dem Platz wo er ist, mit dem was er hat, dann ist das ein gutes Gemeinschaftswerk. So ein gutes Gemeinschaftswerk wünsche ich den Glaubensgeschwistern des Kirchenbezirks Detmold von ganzem Herzen.
Ich danke Ihnen sehr für Ihre freundliche Unterstützung und Beantwortung meiner Fragen zu diesem Interview!
Interview im Dezember 2020
Zur Person
Walter Schorr ist verheiratet und lebt mit seiner Frau in Münster. Er wurde am 1. Oktober 1953 in Osnabrück geboren. In jungen Jahren besuchte er, bis 1963, die Gottesdienste in der neuapostolischen Gemeinde in Osnabrück. Durch einen damaligen Wohnortswechsel seiner Familie, nahm er schließlich die Gottesdienste in der neuapostolischen Gemeinde Münster war. Er absolvierte eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann und arbeitete letztlich als Gebietsrepräsentant in der Textilindustrie.
Datenschutzeinstellungen
Mit Hilfe einiger zusätzlicher Dienste können wir mehr Funktionen (z.B. YouTube-Video-Vorschau) anbieten. Sie können Ihre Zustimmung später jederzeit ändern oder zurückziehen.
Datenschutzeinstellungen
Diese Internetseite verwendet notwendige Cookies, um die ordnungsgemäße Funktion sicherzustellen. Jeder Nutzer entscheidet selbst, welche zusätzlichen Dienste genutzt werden sollen. Die Zustimmung kann jederzeit zurückgezogen werden.
Einstellungen
Nachfolgend lassen sich Dienste anpassen, die auf dieser Website angeboten werden. Jeder Dienst kann nach eigenem Ermessen aktiviert oder deaktiviert werden. Mehr Informationen finden sich in der Datenschutzerklärung.